Hungerkrise 1816/1817 und ihre Folgen

Vortrag von Eberhard Schanbacher
Montag, 20. Nevember 2017, 19:30 Uhr im Kleiner Saal des Gasthauses "Rößle"

Die Bewohner der Rauhen Alb waren seit dem Dreißigjährigen Krieg immer wieder von Hungersnöten heimgesucht worden, aber die Not von 1816 und 1817 empfanden sie als derart bedrohlich, wie sie seit Menschengedenken nicht geherrscht habe. Viele kamen in ihrer Verzweiflung zu der überzeugung, das Göttliche Strafgericht komme über sie und der Weltuntergang kündige sich an.
Eberhard Schanbacher schildert die dramatische Entwicklung dieser beiden Jahre aus regionalen Quellen der Zeit, berichtet über Erkenntnisse aus der Archivarbeit zu den Folgen des Hungers und zu der 1817 einsetzenden Auswanderungswelle und macht das damalige Krisenbewusstsein anhand der Erinnerungsbilder anschaulich, mit Hilfe derer sich diese Katastrophe über Generationen im allgemeinen Gedächtnis lebendig gehalten hat.
Er stellt Ergebnisse der jüngeren Forschung zu den Ursachen für diese weltweite Hungerkrise vor und veranschaulicht die archäologischen Untersuchungen am Vulkan Tambora im fernen Indonesien, der mit einem gewaltigen Ausbruch das "Jahr ohne Sommer" verursacht hatte.
Schließlich stellt er die vielfältigen Reformen und Neuerungen in der Landwirtschaft dar, mit denen in Württemberg nach der Krise gezielt die Erzeugung von Lebensmitteln gesichert, vermehrt und verbessert wurde. Manches, was wir heute als uralten Bestandteil des ländlichen Lebens sehen, ist erst in diesen Jahren der landwirtschaftlichen Erneuerung eingeführt worden, so zum Beispiel die Streuobstwiesen rund um die Dörfer oder die Imkerei.
Im Anschluss berichtet Heinz Pfefferle über die gef älschte "Laichinger Hungerchronik" und ihre Publikationsgeschichte. Im Mittelpunkt stehen dabei die raffinierte Erzählweise, die ihre Karriere als gefeierte Quelle begründete, aber auch ihre inhaltlichen Mängel. Diese hätten schon vor der Entdeckung der Fälschung durch Günther Randecker Verdachtsmomente ergeben können oder sogar müssen. Die Historiker der Hungerjahre sind in den Jahren danach mit der Tatsache der Fälschung höchst unterschiedlich umgegangen - die Bandbreite reicht von Ignorieren bis zu umfangreichen und wichtigen Erg änzungen zum Fälschungsbefund.