Ehrenamtlicher Dienst am Nächsten und für die Allgemeinheit: die Palms in Laichingen

Heinz Surek

(hp) Die Palms sind in Württemberg eine weitverzweigte und bekannte Familie. Ihr „Stammhaus“ steht in Schorndorf und wurde von der Familie 1547 erworben. Durch erfolgreiche Kaufleute, Bürgermeister, Stadtschreiber. Apotheker, ärzte, Theologen und Missionare wurde die Familie bekannt.
Johann Philipp Palm verlegte und vertrieb als Buchhändler in der napoleonischen Zeit die verbotene Schrift „Deutschland in seiner tiefsten Erniedrigung“. Napoleon befahl seine Erschie&ung und machte J. Ph. Palm zum weithin berühmten Märtyrer der nationalgesinnten Deutschen.
Der Begründer des Laichinger Zweigs, Julius Albert Palm, war Reisender einer Nähgarnfabrik. In Laichingen lernte er das „Spezerei-, Ellen- und Farbwarengeschäft“ von Eduard Nestel in der Schulstra&e kennen und auch Emma, die Tochter des Hauses, die er heiratete. Deren Familie mütterlicherseits, die Perrenons, war in Mömpelgard/Montbèliard ansässig (damals eine württembergische Grafschaft im französischen Burgund) und gehörte dort zu den Familien „de grande tradition“. Abraham Perrenon wirkte als Pfarrer in Pappelau, Feldstetten und schlie&lich in Laichingen. Sein Sohn gründete das Geschäft in der Schulstra&e, das er 1795 seinem Schwiegersohn Georg Christoph Nestel übertrug. Das ihm von seinem Schwiegervater Eduard Nestel 1868 übertragene Geschäft baute Albert Palm sehr erfolgreich aus. Zusammen mit dem Schulthei& Konrad Appenzeller gründete er die „Bank für Gewerbe und Handel“, die Vorläuferin der heutigen „Volksbank“. Bis 1924 war sie ebenfalls in der Schulstra&e untergebracht. Oft hat Albert Palm in seinem Geschäft Sammlungen von Geld- und Sachspenden für in Not geratene Mitbürger organisiert. 1882 war er Gründungsmitglied des Laichinger Ortskrankenpflegevereins. Seit den ersten Kirchengemeinderatswahlen 1887 in Württemberg wurde er bis zu seinem Tod immer wieder mit hohen Stimmenanteilen in dieses Amt gewählt. Anerkennung verdient dieses ausgedehnte ehrenamtliche Engagement vor allem angesichts der Tatsache, dass er früh Witwer wurde und für zehn unmündige Kinder zu sorgen hatte! Sein ältester Sohn Adolf Palm übernahm 1901 nach dem Tod des Vaters das Geschäft, die Führung der Bank und die Tradition der Ehrenämter. Er initiierte zusammen mit dem Apotheker Max Lechler, dem Schulthei& Gottlob Widmann und dem Pfarrer August Epple den Bau eines Krankenhauses In Laichingen. Er war dabei für die Finanzierung zuständig - ein höchst schwieriges Unterfangen, gab es doch keinerlei staatliche Zuschüsse! Sein kirchliches Engagement führte ihn in den Bezirkskirchenausschuss und schlie&lich 1931 in den Landeskirchentag. Dort wurde er zu einem engen Vertrauten von Landesbischof Theophil Wurm. Unbedingt gewürdigt werden muss auch das karitative Wirken seiner Frau Lina und seiner Schwester Luise. Diese hatte als Johanniter-Krankenschwester Dienst im Krankenhaus getan und kirchliche Altennachmittage eingerichtet. Nach seinem Tod 1936 führte der älteste Sohn, Richard Palm, das Geschäft fort. Es wurde durch ein Lagerhaus und einen Gro&handel erweitert. Da der Ortskrankenpflegeverein sich noch am ehesten dem Zugriff der NS-Machthaber entziehen konnte, widmete sich Richard Palm vor allem diesem Verein. Nach 1945 gelang es, das Krankenhaus erheblich zu erweitern und schlie&lich einen Neubau zu erstellen. überdies war jetzt wieder ein Engagement im Kirchengemeinderat für ihn eine sinnvolle ehrenamtliche Pflicht, die er bis zu seinem Tod 1969 ausübte. 1969 übernahm schlie&lich der älteste Sohn Gerhard Palm das Geschäft und die reiche Tradition der sozialen und kirchlichen Ehrenämter. Jetzt zog das Mode- und Textilwarengeschäft Palm in einen Neubau am Marktplatz. Seit 1965 war er Gemeinderat und wurde mit höchsten Stimmzahlen immer wieder gewählt. Im Kreistag und in der Verbandsversammlung der Region Donau-Iller war er Vertreter der Freien Wähler. Er baute ein weitreichendes Netzwerk auf mit besten Verbindungen nach Stattgart. (Wenn der Finanzminister Guntram Palm nach Laichingen kam, sprach er vom „Vetter Gerhard“). Für seinen Heimatort konnte Gerhard Palm durch diese Kontakte in zahllosen (privat bezahlten, damals teuren) Telefonaten immer wieder Infrastrukturprojekte mit auf den Weg bringen. Auch dass seit 1970 ein Schulzentrum mit voll ausgebautem Gymnasium entstand, ist wesentlich von ihm gefördert worden. Das ihm verliehene Bundesverdienstkreuz hat er sich redlich verdient. Am 23. September 1995 erlag er seiner Krankheit. Der gut besuchte Vortrag von Heinz Surek im „Engel“, zu dem der Geschichtsvereins Laichinger Alb eingeladen hatte, belegte das lebhafte Interesse an der Geschichte dieser Familie, die über Generationen hinweg den Ort geprägt hat. Im Anschluss steuerten einige Zuhörer zahlreiche kleine Geschichten und Anekdoten bei; sie riefen allgemeine lebhafte Erinnerungen an Gerhard Palm wach und zeigten, dass dieser auch heute noch als Persönlichkeit in Laichingen unvergessen ist.