Ein prall gefülltes Leben und ein „bisschen Unsterblichkeit“ - zum Leben und Werk von Angelika Bischoff-Luithlen
Dr. Eberhard SchanbacherFür ihre große Liebe zu einem Kunstreferendar am Gymnasium Wangen opferte sie ihre Schullaufbahn und das Abitur. Am Ende des 2. Weltkriegs zerstob Innerhalb weniger Wochen ihr privates Glück: ihr Mann starb schwer verletzt im Lazarett (Oktober 1944), im schweren Bomberangriff auf Ulm (Dezember 1944) wurde ihr Haus zerstört. Die junge Witwe hatte jetzt auf sich gestellt fünf Kinder durchzubringen. Die Laichinger Verwandtschaft überzeugt sie davon dass dies in Feldstetten leichter möglich sei als in Wangen im Allgäu. Karg ist es aber auch hier: Die Buben müssen bei Bauern um ihr Essen arbeiten. Sie selbst verfasst für familiäre Anlässe und Feldstetter Feste Gelegenheitsgedichte und Theaterstücke, die in Naturalien bezahlt werden. Noch viel später konnte sie beim Durchfahren der Nachbarorte genau sagen, wo sie bei ihren Hamsterfahrten Erfolg hatte und wo sie abgewiesen wurde. Allmählich wird sie „kultureller Motor“ in Feldstetten, sie sammelt Dokumente zur Geschichte des Orts. Der damalige Feldstetter Bürgermeister ernennt sie zur Archivarin und Ortschronistin. Als solche rettet sie auch sächliche Hinterlassenschaften (z. B. Andenkenbilder) von Feldstetter Familien vor dem Weg in den Müll. „Nebenbei“ gründet sie die örtliche Landjugend und den VdK - sie ist ja Betroffene. Jetzt entstehen Hörspiele und Features für den Rundfunk und machen sie bekannt. Mit „Von Land und Leuten der Alb“ erscheint 1958 ist erstes Buch. Als alle ihre Kinder erfolgreich ihre beruflichen Karrieren eingeschlagen haben - sie werden u.a. Hochschullehrer, erfolgreicher Architekt, Chefredakteur - beginnt sie ein Studium in Tübingen (Germanistik, Landesgeschichte und Volkskunde). Sie ist - mangels Abitur - lediglich Gasthörerin, ihre Mitstudenten bei Prof. Hans-Martin Decker-Hauff und Prof. Hermann Bausinger zollen ihr, der bekannten Persönlichkeit, dennoch den gebührenden Respekt. Sie wird Kreisarchivarin, macht jetzt den Führerschein, um alle kleinen Ortschaften besser erreichen zu können. Sie baut Ortsarchive auf und schreibt aus der Fülle des von ihr gesichteten Materials, dessen Bedeutung für die Sozialgeschichte sie als eine der ersten erkennt, nun ihre Klassiker: „Der Schwabe und die Obrigkeit“, „Der Schwabe und sein Häs“, „Von Amtsstuben, Backhäusern und Jahrmärkten“. Als sie noch voller Pläne am 17. Oktober 1981 kurz nach ihrem 70. Geburtstag stirbt, formuliert der weithin bekannte führende Kopf der Tübinger Empirischen Kulturwissenschaftler Hermann Bausinger den treffenden Nachruf: Sie sei „ein bisschen unsterblich“.